Bildung für nachhaltige Entwicklung will Harburgerinnen und Harburger in die Lage versetzen, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen und dabei abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf künftige Generationen und das Leben in anderen Regionen der Welt auswirkt. Es geht um die Entwicklung von Gestaltungskompetenz, um Fähigkeiten wie vorausschauendes Denken, interdisziplinäres Wissen, autonomes Handeln und Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungen. Mit gutem Beispiel voran – für Harburg, für alle – für heute und morgen!
Agenda 21: Blicken wir zurück: Zum zentralen Leitbild zukunftsfähiger Entwicklung wurde der Nachhaltigkeits-Begriff auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro. Auf ihr wurde von 178 Staaten mit der Agenda 21 ein Aktionsprogramm aus 40 Kapiteln für eine zukunftsfähige Gestaltung das 21.Jahrhunderts unterzeichnet. Kapitel 28 hebt hervor, dass viele der globalen Probleme am besten auf der örtlichen Ebene zu lösen sind. Unter dem Motto „Global denken – lokal handeln!“ ist deshalb jede Kommune aufgerufen, eine eigene lokale Agenda 21 zu erarbeiten. Die anfängliche Euphorie bei der Entwicklung und Gestaltung lokaler Agendaprozesse ist allerdings einer Ernüchterung gewichen – viele Initiativen gibt es nicht mehr oder sie fristen ein Nischendasein.
Lokale Agenda21: In Harburg läuft diese Entwicklung jedoch gerade in den letzten Jahren anders. Seit 1996 setzt HARBURG21 die lokale Agenda 21 im Bezirk Harburg kontinuierlich und erfolgreich um. Unterstützt durch alle Fraktionen der Bezirksversammlung hat sich HARBURG21 zu einem bundesweit anerkannten Nachhaltigkeitsnetzwerk entwickelt, das bereits dreimal als offizielles Projekt der UN-Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet wurde. Kernstück ist ein mehrsprachiges Nachhaltigkeits- und Klimaportal, das von den HARBURG21-Redakteuren Dr. Chris und Gisela Baudy hervorragend gestaltet und betreut wird. Ich selbst arbeite seit 1996 in der Lenkungsgruppe von HARBURG21 als Experte und Moderator des Themenbereiches Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Worin liegen die Stärken und Schwächen unseres erfolgreichen Harburger Agendaprozesses? Grundlage dieser Arbeit ist ein partizipatorisches Bildungsmodell, das einen offenen und öffentlicher Bildungsprozess im Bezirk anstrebt In diesem Sinne versteht sich HARBURG21 als mehrsprachige Bildungs-, Kommunikations- und Vernetzungsplattform in Sachen Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung.
Nachhaltigkeitskommunikation ist ein Vorgang, bei dem es um die zentralen Zukunftsfragen für die nachhaltige Entwicklung geht. Sie soll auch das Wissen vermitteln, das zukunftsfähiges Handeln erst möglich macht. Wissen ist mehr als Information, es bedeutet, etwas „in Gang setzen“ können. Anwendbares Wissen muss handlungsorientiert im Kontext mit Gestaltungsvorbildern und insbesondere damit verbundenen positiven Emotionen erworben werden.
Eine inhaltliche Reduktion der nachhaltigen Entwicklung auf den Umweltaspekt ist hierbei eher hemmend. Es ist wichtig von der Ökologielastigkeit vieler Agendaprozesse wegzukommen und gleichermaßen die soziale und die ökonomische Dimension in den Focus zu nehmen und insbesondere durch überzeugende lokale Beispielprojekte mit Leben zu füllen.
Jeder erfolgreiche Entwicklungsprozess einer lokalen Agenda braucht eine politische Legitimation. Hierzu hat gerade die Harburger Politik wegweisende Beschlüsse gefasst, in denen die Arbeit von HARBURG21 im politischen Konsens als zentrales kommunales Projekt unterstützt wird.
Hemmnisse der Entwicklung: Doch es gibt auch eine Reihe von Hemmnissen und Stolpersteinen für eine weitere erfolgreiche Entwicklung. Externe Hemmnisse sind hier sicher eine fehlende sichere Ressourcengrundlage für die Arbeit und ein fehlender offizieller Stellenwert. Wir brauchen eine institutionelle Stabilität durch entsprechende Infrastrukturen und langfristig gesicherte Personal- und Sachressourcen. Dazu die GRÜNEN in ihrem Wahlprogramm:
- Wir unterstützen die Arbeit und die Weiterentwicklung des NachhaltigkeitsNetzwerkes HARBURG21…
- Um eine kontinuierliche erfolgreiche Arbeit von HARBURG21 zu gewährleisten, fordern wir die Einrichtung einer festen Planstelle für das Agenda-Büro.
- Der von uns initiierte Harburger Nachhaltigkeitspreis will Projekte fördern, ins öffentliche Bewusstsein heben und vernetzen, die die nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 21 in unserem Bezirk gestalten und bereichern. Wir wollen diesen Preis erhalten und ausbauen.
- Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Gesichtspunkt, der Forschung, Lehre und das Leben an der TUHH prägt. Wir wollen die Vernetzung im Bezirk mit diesen vielfältigen Aktivitäten der Universität pflegen und ausbauen.
Auch der geringe Bekanntheitsgrad der Agenda 21 und der nachhaltigen Entwicklung hemmt den Prozess. Nachhaltige Entwicklung ist zudem ein komplexes Thema, so dass sich die Vermittlung in der Öffentlichkeit als schwierig darstellt. Hier gilt es die Kommunikation über die Vorstellung attraktiver Modellprojekte, persönliche Kontakte und gemeinsame Vorhaben der Netzwerkpartner zu verstärken und die Bürgerbeteiligung durch interessante Veranstaltungen zu stärken.
Es gibt aber auch interne Hemmnisse. So ein zu gering entwickeltes langfristiges Handlungsprogramm und eine mangelnde Verbindlichkeit der Arbeit mit teilweise wechselnden Akteuren. Anspruchsvolle Ziele können langfristig nur mit Hilfe von systematisch geplanten und professionell gemanagten Netzwerken erreicht werden. Gebraucht werden ein wirksames „Management“ mit einer vernetzenden Organisationsstruktur, Transparenz und verlässlichen Information sowie eine Moderation und Begleitung des Netzwerkes.
Als Vision ist es wichtig, dass das Nachhaltigkeitsnetzwerk über die Identifizierung und über die Vernetzung lokaler Nachhaltigkeitsprojekte hinaus neue eigene Themen und Impulse für eine zukunftsfähige Entwicklung von Harburg einbringt. Ein spannendes Aktionsfeld wäre hier z.B. die nachhaltige Stadtentwicklung des Bezirks.